Michael Stephan

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht & Fachanwalt für Familienrecht & Anwalt für Erbrecht

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Scheidung

  • 1.1. Grundsatz
  • 1.2. Anwaltszwang
  • 1.3. Voraussetzung
  • 1.4. Arten der Ehescheidung
  • 1.5. Gang des Verfahrens
  • 1.6. Folgesachen

1.1. Grundsatz

In Deutschland kann eine Ehe nur vor einem Gericht, dem Familiengericht als Abteilung eines Amtsgerichts, geschieden werden. Hierbei wird grundsätzlich deutsches Recht angewendet.

Ausnahmen können dann bestehen, wenn beide Ehegatten Staatsbürger anderer Länder sind oder wirksam eine Rechtswahl getroffen haben.

Bitte beachten Sie, dass das Familiengericht nur die Frage der Scheidung selbst und die von Amts wegen zu regelnde Folgesache Versorgungsausgleich regelt, nicht jedoch alle anderen etwa klärungsbedürftigen Probleme, die im Zusammenhang mit Trennung und Scheidung entstehen.

Es besteht zwar die Möglichkeit, diese Probleme gerichtlich entscheiden zu lassen, zweckmäßig ist das allerdings nicht in jedem Fall. Meist ist eine außergerichtliche Verständigung zu allen Problemkreisen, insbesondere zum Vermögen, zum Unterhalt und den Fragen, die die Kinder betreffen, zweckmäßig.

1.2. Anwaltszwang

Anträge auf Ehescheidung können nur durch einen beauftragten Rechtsanwalt wirksam gestellt werden; Anträge ohne Anwalt sind unwirksam (Anwaltszwang).

Es ist jedoch nicht zwingend erforderlich, dass beide Ehegatten anwaltlich vertreten sind. Es genügt, wenn einer der Ehegatten vertreten ist. Einen "gemeinsamen Anwalt" gibt es wegen der wahrscheinlichen Interessenkollision grundsätzlich nicht; der beauftragte Anwalt kann immer nur seinen Auftraggeber vertreten (vgl. einverständliche Scheidung 1.4.c).

1.3. Voraussetzungen

Voraussetzung einer Ehescheidung ist, dass die Ehe gescheitert ist. Die Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Eheleute nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Eheleute sie wiederherstellen. Das Gericht muss insoweit eine Prognoseentscheidung treffen, ob das zu erwarten ist oder nicht. Hierzu bedarf es grundsätzlich der Darlegung der Gründe des Scheidungswunsches.

Kumulativ hierzu bedarf es der Einhaltung einer Trennungszeit von mindestens einem Jahr. Vorab kann nur geschieden werden, wenn in der Person des anderen Ehegatten ein wichtiger Grund, ein sogenannter Härtegrund, liegt, der es dem anderen Ehegatten unzumutbar macht, bis zum Ablauf des üblichen Trennungsjahres abzuwarten.

Die Trennung muss von "Tisch und Bett" erfolgen, d.h. die Ehegemeinschaft muss in allen Lebensbereichen aufgehoben sein, und das muss derjenige Ehegatte, der die Trennung herbeiführt, dem anderen Ehegatten auch mitteilen.

Die Trennung der Ehegatten kann sowohl als räumliche Trennung durch einen Auszug eines Ehegatten erfolgen, als auch innerhalb der Wohnung vollzogen werden. Letzteres ist aber regelmäßig ein Beweisproblem für den Ehegatten, der geschieden werden will, wenn der andere die Scheidung nicht wünscht. Deshalb empfiehlt es sich bei Scheidungsabsicht, möglichst alsbald eine räumliche Trennung herbeizuführen.

1.4. Arten der Ehescheidung

a) Härtescheidung (Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres)

Ist die Ehe gescheitert, ein Trennungsjahr aber noch nicht abgelaufen, kann die Ehe geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine "unzumutbare Härte" darstellen würde. Das ist im Verfahren durch den Ehegatten, der sich hierauf beruft, zu beweisen. Diese Variante wird nur in Extremfällen, wie bei Körperverletzung, praktisch angewandt.

b) Streitige Scheidung (Scheidung nach Ablauf von einem, jedoch unter drei Jahren Getrenntleben)

Wenn ein Ehegatte trotz Ablauf des Trennungsjahres nicht geschieden werden will, liegt eine streitige Scheidung vor.

Von einer streitigen Scheidung wird auch dann gesprochen, wenn nicht nur die Frage, ob geschieden werden soll, im Streit ist (oft ist das ja auch nicht streitig), sondern wenn Streit über andere Folgen von Trennung und Scheidung besteht, speziell im Hinblick auf das Vermögen, den Unterhalt, den Aufenthalt der Kinder, der Ehewohnung u.a.

In diesem Fall müssen die Gründe für das Scheitern, für die "Zerrüttung" der Ehe, besonders sorgfältig und ausführlich dargetan und im Falle des Bestreitens auch durch prozessual zulässige Beweismittel (Sachverständige, Augenschein, Parteivernehmung, Urkunden und Zeugen) bewiesen werden.

c) Einverständliche Ehescheidung (Scheidung nach Ablauf eines Trennungsjahres mit Einigung)

Leben die Ehegatten mindestens ein Jahr getrennt und begehren beide die Scheidung, ist nach dem Gesetz davon auszugehen, dass die Ehe gescheitert, "zerrüttet", ist. Über die Scheidungsgründe braucht in diesem Fall dem Gericht im Gegensatz zu einer streitigen Scheidung nicht viel mitgeteilt zu werden. Der andere Ehegatte muss der Scheidung zustimmen.

Dringend zu empfehlen ist, alle Fragen, die mit Trennung und Scheidung zusammenhängen, zweckmäßigerweise vor Einreichung des Scheidungsantrages rechtsverbindlich nach Beratung durch einen Fachanwalt für Familienrecht zu regeln, um für beide Ehegatten Rechts- und Planungssicherheit zu schaffen und auch die in der Trennungssituation oft nicht unerheblich psychische Belastung der Ehegatten zu minimieren. Zu diesen Problemkreisen gehören u.a. die Vermögensauseinandersetzung, Unterhalt, Schuldenregulierung, Steuerangelegenheiten, Hausrat und Wohnung und nicht zuletzt, alle diejenigen Fragen, die mit Kindern zusammenhängen (Sorgerecht, Aufenthalt, Umgang, Kindesvermögen und Kindesunterhalt).

d) Ehescheidung nach 3-jähriger Trennung

Nach über dreijähriger Trennung der Eheleute gilt als gesetzliche Vermutung, dass die Ehe gescheitert ist; und zwar unabhängig davon, ob der andere Ehegatte dem Scheidungsantrag zustimmt oder nicht. Auf die Gründe der Scheidung kommt es nicht an, jedoch auf die Beweisbarkeit der 3-jährigen Trennung.

1.5. Gang des Verfahrens

Nach der Einreichung des Scheidungsantrags eines Ehegatten über dessen anwaltlichen Beistand bei dem zuständigen Familiengericht müssen zunächst die angeforderten Gerichtskosten einbezahlt werden. Das kann entfallen, falls ein Verfahrenskostenhilfeantrag eingereicht und über diesen durch das Gericht positiv entschieden wird. Anschließend wird der Scheidungsantrag dem anderen Ehegatten amtlich zugestellt.

Meist zeitgleich werden die Formulare für die Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Versorgungsausgleiches (Ausgleich der in der Ehe erworbenen Rentenversorgungsanwartschaften aller Art) versandt, welche durch die Eheleute auszufüllen und zurückzureichen sind. Diese werden durch das Gericht an die jeweils zuständigen Rentenversicherungsträger (z.B. Deutsche Rentenversicherung Bund) versandt. Von dort sind meist noch diverse Nachfragen zu erwarten. Wenn alle Fragen bezüglich der Altersvorsorge geklärt wurden, werden die Rentenanwartschaften für die Ehezeit berechnet.

Erst dann wird das Familiengericht einen Scheidungstermin anberaumen. Zu diesem müssen grundsätzlich beide Ehegatten erscheinen und diese werden regelmäßig zur Trennung (Datum und Ausgestaltung) und zur Frage, ob die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft in Frage kommt, angehört. Je nachdem, ob über die Trennung u.a. Streit besteht oder nicht, wird ein Beweisverfahren - z.B. durch Anhörung von Zeugen - durchgeführt.

Steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Ehe gescheitert ist und alle übrigen Voraussetzungen der Scheidung vorliegen, wird das Gericht üblicherweise im Beisein der Ehegatten die Ehe durch Beschluss (früher: Urteil) scheiden.

Dieser Scheidungsbeschluss wird einen Monat nach amtlicher Zustellung rechtskräftig. Falls beide Ehegatten anwaltlich vertreten sind, kann auf Rechtsmittel verzichtet werden und der Scheidungsbeschluss ist sofort rechtskräftig.

1.6. Folgesachen

Falls nicht im Rahmen einer meist sinnvollen einverständlichen Ehescheidung eine Regelung zu allen Problemen getroffen wurde, können Streitigkeiten über die Fragen des Sorgerechts, des Umgangsrechts, des Kindesunterhaltes, des Geschiedenenunterhaltes, der Hausratauseinandersetzung, der Wohnungsregelung und der Vermögensauseinandersetzung bzw. des Zugewinnausgleiches auf Antrag gerichtlich entschieden werden. Da grundsätzlich über alle Anträge im Scheidungsverfahren gemeinsam ("im Verbund") entschieden werden muss, kann die Stellung von Folgesachenanträgen den Scheidungsausspruch erheblich verzögern.

Streit über Trennungsunterhalt, Schuldenregulierung gemeinsamer Darlehen, Teilungsversteigerung, Nutzungsentschädigung und Steuerfragen sind nach aktueller Rechtslage keine Folgesachen und können daher unabhängig von der Ehescheidung, sofern denn erforderlich, gerichtlich geklärt werden. Hierzu gehören auch solche Fragen wie unberechtigte Kontoabhebungen, Innenschuldausgleichsansprüche, Auseinandersetzungen von Ehegatten-Innengesellschaften, Geltendmachung von familienrechtlichen Ausgleichsansprüchen u.a. Für diese Angelegenheiten sind überwiegend (mit Ausnahme der Teilungsversteigerung) die Familiengerichte zuständig, deren Aufgabenbereich ab dem 01.09.2009 mit den Neuregelungen des FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) erheblich erweitert worden ist.