Michael Stephan

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht & Fachanwalt für Familienrecht & Anwalt für Erbrecht

Ihr Gerät kann keine SVG-Grafiken darstellen.

Testament und Erbvertrag

  1. Allgemeines
  2. Formen (handschriftlich/notariell)
  3. Besondere Testamente
    1. Ehegattentestament-Berliner Testament
    2. Unternehmer-Testament
    3. Geschiedenen- und Behinderten-Testament
  4. Erbvertrag

1. Allgemeines

Obwohl das Gesetz vielfältige Möglichkeiten zur Gestaltung des Rechtsübergangs im Todesfall bietet, haben nur etwa ¼ aller Personen ein Testament errichtet oder einen Erbvertrag abgeschlossen. ¾ aller Personen verlassen sich insoweit auf die gesetzliche Regelung, welche dann bestimmt, wer sein Vermögen im Todesfall erhält. Viele denken auch, dass ein Testament überflüssig ist, weil sie falsche Vorstellungen haben, wer Erbe ist. Lassen Sie sich rechtzeitig darüber beraten, wer in welchem Umfang ohne Testament/Erbvertrag Ihre Vermögensnachfolge antritt.

Mit einem Testament können Sie auch andere Personen und Einrichtungen (natürliche und juristische Personen) bedenken, die nicht gesetzliche Erben wären.

Nur, wenn ein Testament oder ein Erbvertrag errichtet bzw. abgeschlossen wird, kann der zukünftige Erblasser selbst bestimmen, wer welche Vermögenswerte für den Fall seines Todes erhält.

Durch ein Testament muss man daher nicht in Kauf nehmen, dass sein Nachlass entsprechend der gesetzlichen Regelung verteilt wird und Personen zum Zuge kommen, die man selbst nicht oder nicht in dem Umfang bedenken würde.

Auch ist es möglich, streitträchtige Erbengemeinschaften zu vermeiden und sich auch für lebzeitige Leistungen von einzelnen Familienmitgliedern (z.B. wegen Unterstützung und ggf. Pflege) zu bedanken.

Wer die Kosten für eine erbrechtliche Beratung bzw. Gestaltung bei einem Rechtsanwalt für Erbrecht bzw. auch Notar einspart und ein handschriftliches Testament errichtet und privat verwahrt, riskiert wegen der Komplexität des Erbrechts, dass sein Wille nicht oder zumindest nicht vollständig umgesetzt wird bzw. werden kann.

2. Formen des Testaments

Obwohl potentielle Erblasser häufig keine ausreichenden Kenntnisse hinsichtlich der Möglichkeiten der Testamentsgestaltung haben, werden oft – auch aus Kostengründen – Testamente eigenhändig errichtet.

Leider sind sehr häufig gerade privatschriftlich abgefasste Testamente aufgrund der komplexen Regelung im Erbrecht unwirksam oder unklar, sodass auch auf diesem Wege noch nach dem Tode des Erblassers Streit entstehen kann, der vermieden werden sollte. Insoweit ist es erforderlich, dass sich der Erblasser selbst mit seiner gewünschten Erbfolge auseinandersetzt. Auch ist ohne Hinterlegung solcher Testamente nicht gesichert, dass diese überhaupt aufgefunden und eröffnet werden.

Insoweit wird empfohlen, gerade eigenhändige/handschriftliche Testamente grundsätzlich nicht ohne Beratung eines Rechtsanwaltes für Erbrecht zu errichten und diese dann grundsätzlich in amtliche Verwahrung zu geben.

Im Bürgerlichen Gesetzbuch sind folgende Formen von Testamenten geregelt:

  1. Notarielles Testament (öffentliches Testament)
  2. Handschriftliches Testament (privates Testament)
  3. Außerordentliches Testament (sogenannte Nottestamente - Seetestament § 2251 BGB, Bürgermeistertestament § 2249 BGB, 3-Zeugen-Testament § 2250 BGB u.a.)

zu a) Notarielles Testament

Üblich ist, dass der zukünftige Erblasser gegenüber dem Notar seinen letzten Willen erklärt oder eine Niederschrift übergibt mit dem Bemerken, dass in dieser sein letzter Wille enthalten ist (§ 2232 BGB). Bei der Erklärung gegenüber dem Notar ist dieser zur Beratung oder zur Prüfung der von z.B. durch Rechtsanwälte vorbereiteten Testamente verpflichtet.

Eine Ausnahme von der persönlichen Errichtung des Testaments ist in § 2265 BGB geregelt, nachdem Ehegatten ein gemeinsames Testament errichten können; sog. Ehegattentestament.

zu b) Handschriftliches Testament

Der Erblasser kann ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten (§ 2247 BGB).

Hierbei muss das gesamte Testament mit eigener Hand, also handschriftlich, geschrieben und unterschrieben werden. Auch alle Zusätze und etwaige spätere Änderungen und Ergänzungen sind eigenhändig zu schreiben und zu unterschreiben.

Ort und Datum müssen nicht unbedingt angegeben werden; sollten es aber, um feststellen zu können, welches von ggf. mehreren Testamenten wann geschrieben wurde.

Auch können Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner ein gemeinsames Testament handschriftlich errichten, sog. Ehegattentestament.

zu c) Außerordentliches Testament

Als außerordentliche Testamente werden die sogenannten Nottestamente, das Seetestament (§ 2251 BGB), das Bürgermeistertestament (§ 2249 BGB) und das 3-Zeugen-Testament (§ 2250 BGB) bezeichnet. Diese haben nur wenig praktische Relevanz.

3. Besondere Testamente

  • 3.1.  Ehegattentestament | Berliner Testament
  • 3.2.  Unternehmertestament
  • 3.3.  Geschiedenentestament | Behindertentestament

3.1. Ehegattentestament und Berliner Testament

Ehegatten und Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft dürfen ein gemeinsames Testament errichten (§ 2265 BGB). Hierbei muss ein Ehegatte das Testament eigenhändig schreiben und unterschreiben, der andere Ehegatte muss dies dann auch unterschreiben und dadurch zum Ausdruck bringen, dass das auch sein letzter Wille ist.

Sehr häufig wählen Ehegatten das sog. Berliner Testament; mit diesem setzen sie sich beim Tode des Erstversterbenden gegenseitig als Alleinerben ein und verfügen, dass nach dem Tode des Längstlebenden der Nachlass an die gemeinsamen Kinder fällt.

Diese Gestaltung hat zwei große Nachteile: Einerseits kann nach dem Tode des Erstversterbenden der Überlebende nicht mehr widerrufen – egal, wie sich die Kinder entwickelt haben. Andererseits kann das Berliner Testament mit steuerrechtlichen Nachteilen verbunden sein, da praktisch Steuerfreibeträge verschenkt werden. Bei der Testamentsgestaltung und – beratung sollten daher auch immer die steuerlichen Folgen mit beachtet werden.

Falls Unternehmen/Praxen in den Nachlass fallen, sollte besonders geprüft werden, ob ein Berliner Testament eine gute Gestaltung darstellt; meist wird bei dieser Gestaltung ungewollt eine ggf. erhebliche Erbschaftssteuermehrbelastung generiert.

3.2. Unternehmertestament

Gerade für Unternehmer und Praxisinhaber ist die Erstellung von Testament oder Erbvertrag besonders wichtig, ja geradezu erforderlich, um die Vernichtung von Vermögenswerten bzw. im schlimmsten Fall bei Erbstreitigkeiten die Zerschlagung von Unternehmen/Praxis zu vermeiden.

Hierzu bedarf es einer rechtzeitigen Analyse der vollständigen familiären und betrieblichen Situation in Zusammenarbeit von einem Rechtsanwalt für Erbrecht und Ihrem Steuerberater/Wirtschaftsprüfer. Meist müssen in diesem Zusammenhang auch Gesellschaftsverträge sowie Eheverträge überprüft bzw. angepasst werden.

Besonders wichtig ist es für den Unternehmer bzw. Praxisinhaber, sich in diesem Zusammenhang mit der Frage auseinanderzusetzen, wer das Unternehmen/die Praxis – und meist nicht erst mit dem Erbfall – nach dem Ausscheiden führen soll bzw. wie die möglichen Pflichtteilslasten ausgeglichen bzw. durch Gestaltung vermindert werden.

Auch sollte immer die Problematik einer auch partiellen Handlungsunfähigkeit im Zusammenhang mit z.B. einem Unfall/einer Erkrankung für das Geschick des Unternehmens/der Praxis bedacht werden. Geeignete Vollmachten sind daher dringend zu empfehlen.

Ein sog. Berliner Testament ist für Unternehmer/Praxisinhaber meist nicht geeignet, da steuerrechtlich Mehrbelastungen auftreten können und die Frage der Nachfolge in Leitung und Eigentum ungeklärt bzw. problematisch bleibt.

3.3. Geschiedenentestament | Behindertentestament

Geschiedenentestament

Mit diesem Begriff wird ein Testament bezeichnet, welches dafür sorgen soll, dass der getrenntlebende bzw. geschiedene Ehegatte bzw. Lebenspartner keinen direkten oder indirekten Zugriff auf das eigene Vermögen, auch nach der Scheidung haben kann.

Das Risiko besteht vor allem beim Erbfall in der Trennungszeit, bevor die Scheidungsantragsschrift dem anderen Ehegatten amtlich zugestellt wurde. Dann besteht noch das gesetzliche Ehegattenerbrecht nach § 1931 BGB. Selbst wenn durch handschriftliches Testament der Ehegatte enterbt wurde, kann er dennoch seinen Pflichtteilsanspruch gelten machen.

Sofern Ehegatten ein Berliner Testament errichtet haben (vgl. oben) muss dieses formwirksam widerrufen werden.

Beim Erbfall nach Rechtskraft der Ehescheidung besteht das Risiko, dass der geschiedene Ehegatte – für den Fall, dass gemeinsame Kinder vorhanden sind - praktisch entweder a) das Vermögen des geschiedenen früheren Ehegatten verwalten kann oder b) dieses sogar erbt.

Falls der geschiedene Ehegatte das alleinige Sorgerecht innehat, umfasst dieses Recht zugleich die Vermögenssorge des Kindes bis zu dessen Volljährigkeit.

Mittels geeigneter Gestaltung eines Testamentes können diese von geschiedenen Ehegatten nicht gewünschten und auch meist nicht bedachten Folgen vermieden werden. Hier kommt vor allem die Gestaltung über eine Vermächtnislösung (§ 2147 ff. BGB) in Form eines Herausgabevermächtnisses, die Anordnung einer geeigneten Vor- und Nacherbfolge (§ 2100 BGB) sowie der Entzug der Vermögenssorge (§ 1638 BGB) und Erteilung von Verwaltungsanordnungen (§ 1638 BGB) in Betracht.

Behindertentestament

Mit diesem Begriff werden Testamente erfasst, die von zukünftigen Erblassern, meist Eltern, errichtet werden, unter deren Erben sich ein oder mehrere behinderte oder pflegebedürftige Kinder oder Angehörige befinden, für deren Pflegekosten staatliche Leistungen in Anspruch genommen werden.

Mit dem Behindertentestament werden diese behinderten oder pflegebedürftigen Angehörigen abgesichert, gerade auch im Hinblick auf die Vermeidung des Zugriffs staatlicher Einrichtungen auf das Erbe des behinderten Angehörigen.

Ohne Behindertentestament dient die Erbschaft des behinderten Angehörigen praktisch nur der Refinanzierung der Behörden für entsprechende staatliche Leistungen.

Praktisch wird dies durch eine Gestaltung mittels der Vor- und Nacherbschaft (§ 2100 BGB) geregelt, indem die behinderten Angehörigen als Vorerben eingesetzt werden und als Nacherben meist nicht behinderte Geschwisterkinder oder Dritte. Die Verwendung der Mittel aus der Vorerbschaft kann über die Anordnung einer Testamentsvollstreckung abgesichert werden.

In diesem Zusammenhang wird in der Praxis oft festgestellt, dass Eltern von behinderten Kindern Vermögenswerte zu Lebzeiten an andere Kinder verschenken bzw. die behinderten Kinder vollständig enterben. Das führt allerdings zu Pflichtteils- bzw. Pflichtteilsergänzungsansprüchen, die ebenfalls durch die Sozialbehörden zur Refinanzierung beansprucht werden können.

Um die Details der möglichen Regelung in einem Behindertentestament der persönlichen Situation anzupassen, bedarf es allerdings zumindest der Beratung durch einen spezialisierten Rechtsanwalt für Erbrecht, der Sie gern auch bei der Gestaltung eines Behindertentestaments berät.

4. Erbvertrag

Mit einem Erbvertrag kann, abweichend von der gesetzlichen Erbfolge, die Vermögensnachfolge nach dem Tod auch ohne Testament geregelt werden (vgl. §§ 1941, 2274 ff. BGB).

Hauptsächlicher Unterschied zum Testament ist, dass der Erblasser sich beim Erbvertrag gegenüber seinem Vertragspartner bzw. seinen Vertragspartnern rechtlich bindet. Meist werden Erbverträge mit Eheverträgen verbunden, da Familien- und Erbrecht sehr eng verzahnt sind.

Ein Erbvertrag kann nicht handschriftlich bzw. eigenhändig wirksam vereinbart werden. Er muss durch den Erblasser höchstpersönlich mit allen Vertragspartnern notariell geschlossen werden (§ 2276 BGB). Unter Umständen ist Vertretung möglich, wobei der Vertretene keine Regelung von Todes wegen, aber z.B. andere Vereinbarungen treffen darf.

In einem Erbvertrag können nicht nur bindende Regelungen getroffen werden, wie Erbeinsetzung, Vermächtnisse und Auflagen, sondern auch einseitige Regelungen, wie die Anordnung einer Testamentsvollstreckung.

Gerade in Patchwork-Familien, in denen größere Vermögenswerte bzw. Immobilien vorhanden sind, kann es sinnvoll sein, mit allen Beteiligten eine Regelung zu treffen.

Auch nicht miteinander verheiratete Personen können einen Erbvertrag schließen.

Aufgrund der höheren Bindungswirkung beim Erbvertrag können dort getroffene Verfügungen von Todes wegen (Erbeinsetzung, Vermächtnisse und Auflagen) grundsätzlich nur mit Zustimmung aller Vertragspartner geändert werden. Änderungen nach dem Tod eines Vertragspartners sind nicht mehr möglich.

Wie ein Testament kann auch ein Erbvertrag unter gewissen Bedingungen angefochten werden, wobei die Anfechtungserklärung in notariell beurkundeter Form beim Nachlassgericht eingereicht werden muss.