Die Ehegatten, die keinen Ehevertrag geschlossen haben, also z.B. Gütertrennung vereinbart haben, leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 ff. BGB).
Mit der Eheschließung entsteht entgegen weit verbreiteter Meinung kein gemeinsames Vermögen. Jeder Ehegatte bleibt Alleineigentümer z.B. seines Einfamilienhauses, seines Unternehmens bzw. seiner Geschäftsanteile daran, seines Girokontos, seiner Lebensversicherung und seiner Geldanlagen. Das gilt nur dann nicht, wenn z.B. ein Gemeinschaftskonto eingerichtet wird oder beide Ehegatten als Eigentümer im Grundbuch eingetragen sind.
Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten dessen Anfangsvermögen übersteigt. Hat also einer der Ehegatten bei Eheschließung kein Vermögen, am Ende der Ehe jedoch ein Sparbuch mit einem Wert von 20.000,- €, eine Münzsammlung mit einem Wert von 9.000,00 € und 1.000,00 € auf seinem Girokonto, dann beträgt der Zugewinn dieses Ehegatten 30.000,00 €.
Zur Berechnung des Zugewinnausgleichsanspruchs vergleiche Ziffer 5.
Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft kann, gerade für Unternehmer und Freiberufler, ungünstige Folgen haben und kann bis hin zur Existenzbedrohung bzw. Zerschlagung des Unternehmens führen, wenn hohe Ausgleichsbeträge geschuldet sind (vgl. Unternehmerscheidung und Zugewinn bei Unternehmerscheidung).
Anfangsvermögen ist das Vermögen, welches einer der Ehegatten bei der Eheschließung hatte (§ 1374 BGB). Bei der Berechnung des Anfangsvermögens werden von den Aktiva (Guthaben aller Art) die Passiva (Verbindlichkeiten aller Art) abgezogen.
Wenn z.B. einer der Ehegatten bei der Eheschließung ein Wertpapierdepot mit einem Wert von 100.000,00 € und eine Eigentumswohnung mit einem Verkehrswert von 250.000,- € hatte, wobei die Wohnung mit einem Baufinanzierungsdarlehen in Höhe von 150.000,00 € belastet war, so ergibt sich ein Anfangsvermögen in Höhe von 200.000,- €.
Das Anfangsvermögen kann nach der Neufassung der gesetzlichen Regelungen (§ 1374 Abs. 3 BGB n.F.) nunmehr auch negativ sein. Dies führt letztlich zu einer größeren Gerechtigkeit, da nun auch die Rückführung von Schulden in der Ehe als Vermögenszuwachs gewertet wird, was vor der Reform nicht der Fall war.
Dem Anfangsvermögen hinzugerechnet werden Vermögenswerte, die einer der Ehegatten nach Eheschließung von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt (1374 II BGB). Solche Vermögenszuwächse werden als privilegierter Erwerb bezeichnet.
Wenn z.B. einer der Ehegatten während der Ehe ein Haus im Wert von 300.000,00 € erbt, erhöht sich dessen Anfangsvermögen um diesen Betrag. Dies gilt auch, wenn ein Ehegatte beispielsweise von seinen Eltern vor deren Tod im Wege der vorweggenommenen Erbfolge Grundbesitz übertragen bekommt oder ihm Geldbeträge zufließen. Auch Schenkungen an einen der Ehegatten erhöhen dessen Anfangsvermögen entsprechend.
Endvermögen ist jeweils das Vermögen, dass einer der Ehegatten bei Beendigung des Güterstandes hat (§ 1375 BGB). Der Güterstand ist grundsätzlich erst bei Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses beendet; auch, wenn einer der Ehegatten verstirbt oder wenn ein Ehevertrag, in dem die Beendigung der Zugewinngemeinschaft geregelt wird, abgeschlossen wird.
Bei Scheidungsverfahren wird aber der Stichtag für die Berechnung des Endvermögens auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags bei Gericht zugrunde gelegt (§ 1384 BGB). Rechtshängig ist der Scheidungsantrag, wenn der entsprechende Antragsschriftsatz des einen Ehegatten dem anderen Ehegatten durch das Gericht amtlich zugestellt wird.
Bei der Berechnung des Endvermögens werden von den Aktiva (Guthaben aller Art) die Passiva (Verbindlichkeiten aller Art) abgezogen.
Dem Endvermögen hinzugerechnet werden die Beträge der Vermögenswerte, die einer der Ehegatten nach Eheschließung verschleudert, grundlos verschenkt oder vernichtet hat (1375 II BGB).
Wenn sich z.B. einer der Ehegatten während bestehender Ehe einem neuen Partner zuwendet und diesem einen PKW im Wert von 60.000,00 € oder, um seinen Partner zu schaden, völlig entgegen bisheriger Lebensführung in einer Spielbank 10.000,00 € verspielt, wird der Wert des Endvermögens des Schenkenden um diesen Betrag entsprechend erhöht.
Die Hinzurechnung entfällt, wenn die Zuwendung bzw. Schenkung mit Einverständnis des anderen Ehegatten erfolgte oder wenn sie 10 Jahre vor Beendigung des Güterstandes eingetreten ist (§ 1375 III BGB).
Beide Ehegatten sind einander nach der Neufassung der gesetzlichen Regelungen zum 01.09.2009 nunmehr umfassender zur Auskunft verpflichtet als vor der Neuregelung (§ 1379 BGB). Zusätzlich ist die Verpflichtung zur Auskunft über das ggf. negative Anfangsvermögen und über die dem Endvermögen gemäß § 1375 Abs. 2 BGB hinzuzurechnenden illoyalen Vermögensminderungen (vgl. Ziffer 3.1.) hinzugekommen. Ferner besteht im Gegensatz zur alten Rechtslage nunmehr ein geregelter Belegvorlageanspruch.
Problematisch ist der Auskunftsanspruch zum Zeitpunkt der Trennung. Es ist daher zu empfehlen, dass der Trennungszeitpunkt beweisbar gestaltet wird, z.B. durch Auszug einer der Eheleute oder auch durch schriftliche Einigung bzw. Tatsachenfeststellung über die Trennung beider Eheleute.
Die Auskunft muss sämtliche Vermögenswerte des Ehegatten umfassen (vergleiche 4.1.). Hierbei muss darauf geachtet werden, das nur diejenigen Vermögenspositionen angegeben werden, die dem Auskunftsverpflichteten zuzurechnen sind; also z.B. nur das hälftige Guthaben eines Girokontos zum Stichtag, wenn es sich um ein gemeinsames Konto handelt.
Der die Auskunft erteilende Ehegatte kann nun auch im Gegensatz zum alten Recht verlangen, dass der Wert der Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten ermittelt wird.
Im Rahmen der Auskunftsverpflichtung sind insbesondere folgende Vermögenswerte anzugeben:
Der Zugewinnausgleich wird in einem mehrstufigen Verfahren errechnet. Zunächst muss für jeden Ehegatten Anfangs- und Endvermögen unter Berücksichtigung von etwaigen Hinzurechnungen gesondert berechnet werden. Dann wird für jeden Ehegatten getrennt ermittelt, ob sich aus der Differenz von Endvermögen und Anfangsvermögen ein Guthaben ergibt. Wenn ja, ist das der Zugewinn dieses Ehegatten.
Die Zugewinnausgleichsforderung errechnet sich aus der Differenz beider Ergebnisse, indem vom höheren Zugewinn der niedrigere Zugewinn abgezogen und dieses Ergebnis halbiert wird.
Hat also z.B. ein Ehegatte 100.000,00 € Zugewinn erzielt und der andere Ehegatte 40.000,00 €, beträgt die Hälfte der Differenz 30.000,00 €. Diesen Betrag schuldet der Ehegatte mit dem höheren Zugewinn dem anderen Ehegatten.
Die Ausgleichsforderung ist nach neuer Regelung auf das Vermögen beschränkt, welches bei Beendigung des Güterstandes noch vorhanden ist (§ 1378 II S. 1 BGB). Dieser Betrag erhöht sich jedoch in den Fällen der illoyalen Vermögensminderung gemäß § 1375 BGB um den dem Endvermögen hinzuzurechnenden Betrag.
Wenn z.B. die Berechnung des Ausgleichsanspruchs eine Zahlungsverpflichtung des Ehemannes in Höhe von 30.000,00 € ergibt und dieser zum Zeitpunkt der Ehescheidung nach Abzug seiner Verbindlichkeiten nur noch 10.000,00 € Vermögen hat, reduziert sich die Forderung auf 10.000,00 € (§ 1378 II BGB).
Nach neuem Recht ist jedoch für den Fall, dass der Ehemann z.B. seiner neuen Freundin einen PKW im Wert von 40.000,00 € geschenkt hat, um die Ehefrau zu benachteiligen, sich das Vermögen um diese 40.000,00 € erhöht, sodass er insgesamt bis in Höhe von 50.000,00 € in Anspruch genommen werden kann. Im vorliegenden Fall wäre der Anspruch in voller Höhe, nämlich 30.000,00 €, im Gegensatz zum alten Recht entstanden.
Mit dieser Regelung verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, mögliche Gestaltungen bzw. Manipulationen im Interesse des wirtschaftlichen schwächeren Ehegatten einzudämmen bzw. zu beseitigen. Insoweit treten diese Regelungen auch sofort in Kraft, da ein Vertrauensschutz für Manipulationen durch den Gesetzgeber nicht gegeben wird.
Individuelle Vereinbarungen über Zugewinn, dessen Ausgleich, Teilverzicht und Verzicht sind jederzeit möglich.
Allerdings bedürfen Vereinbarungen güterrechtlichen Inhalts, ebenso wie solche zum Versorgungsausgleich und zum nachehelichen Unterhalt, vor und während bestehender Ehe der notariellen Beurkundung (§ 1408, 1410 BGB).
Die gerichtliche Protokollierung z.B. durch Abschluss eines Vergleichs im Rahmen eines Scheidungsverfahrens ersetzt die notarielle Beurkundung (§ 127 a BGB).
Sofern nicht über eine ehevertragliche Regelung die Gütertrennung vereinbart wurde, kann man einen Zugewinnausgleichsanspruch nicht vermeiden, wenn der andere Ehegatte diesen geltend macht. Möglich ist allerdings eine entsprechende Gestaltung; gerade im Zusammenspiel zwischen Zugewinn, Unterhalt und Versorgungsausgleich sind die Spielräume für eine sachgerechte Lösung erheblich (vgl. Unternehmerscheidung).
Der vorstehende kurze Überblick kann die konkrete anwaltliche Beratung - gleich ob vorbeugend oder im Scheidungsfall – gerade wegen der Komplexität und der wirtschaftlichen Bedeutung für die Betroffenen, durch einen Fachanwalt für Familienrecht nicht ersetzen.
Rechtzeitige fachanwaltliche Beratung bringt im Hinblick auf die Gestaltung der Vermögensauseinandersetzung Vorteile.